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Wut verstehen und begleiten: Wie Eltern ihre eigene Wut meistern und ihre Kinder unterstützen können

Wut begleiten – Ein Lernprozess für Eltern und Kinder



Als Mutter habe ich über die Jahre gelernt, dass ich die Wut meiner Kinder nur dann wirklich begleiten kann, wenn ich mich auch um meine eigene Wut kümmere. Es ist ein Prozess, der Geduld erfordert, aber am Ende so lohnenswert ist. In diesem Artikel möchte ich meine Erfahrungen und Erkenntnisse teilen, die mir dabei helfen, meine Kinder durch ihre Wutanfälle zu begleiten, ohne selbst die Kontrolle zu verlieren.



Meine eigene Wut verstehen und bearbeiten


Wut ist eine starke Emotion, die nicht nur unsere Kinder überwältigen kann, sondern auch uns als Eltern. Früher habe ich oft versucht, die Wut meiner Kinder zu beruhigen, ohne auf meine eigene Wut zu achten. Ich dachte, dass ich meine Gefühle einfach beiseite schieben könnte. Doch mit der Zeit habe ich erkannt, dass das nicht funktioniert.

Ich habe gelernt, dass ich meine eigene Wut bearbeiten muss, bevor ich die Wut meiner Kinder begleiten kann. Es ist ein Prozess, der Zeit braucht und manchmal anstrengend ist. Doch es lohnt sich, weil ich durch diesen Prozess auch meine eigenen Bedürfnisse und Grenzen besser verstehe. Und nur wenn ich meine Grenzen kenne, kann ich sie wahren – für mich und für meine Kinder.



Wut als Hinweis auf Bedürfnisse und Grenzen


Eine wichtige Erkenntnis auf diesem Weg war für mich zu verstehen, dass Wut uns etwas sagen möchte. Wut ist nicht gegen uns gerichtet, sondern für uns. Sie zeigt uns, dass es ungestillte Bedürfnisse gibt oder dass wir unsere eigenen Grenzen übergangen haben. Statt Wut zu unterdrücken oder als etwas Negatives zu sehen, habe ich gelernt, sie als Hinweis darauf zu nehmen, dass etwas in meinem Leben aus dem Gleichgewicht geraten ist.


Wut bietet uns die Chance, genauer hinzusehen: Welche Bedürfnisse sind gerade unerfüllt? Welche Grenzen habe ich nicht respektiert? Indem ich mich diesen Fragen stelle, kann ich aus jedem Wutanfall etwas lernen und besser für mich sorgen.


Sabrina Hohendahl Persönlichkeitstrainerin in Bremen
Sabrina Hohendahl - Persönlichkeitstrainerin & Mutter

Techniken, die mir helfen


Um mit meiner Wut umzugehen, habe ich nach und nach Techniken entwickelt, die für mich funktionieren. Jeder Mensch ist anders, und es gibt kein Patentrezept, aber vielleicht findest du in meinen Erfahrungen etwas, das auch dir helfen kann.


  1. Atmen: Wenn ich merke, dass die Wut in mir aufsteigt, konzentriere ich mich auf meine Atmung. Tiefes Ein- und Ausatmen hilft mir, einen Moment innezuhalten und nicht impulsiv zu reagieren.


  2. Putzen und Aufräumen: Manchmal brauche ich körperliche Aktivität, um meine Emotionen zu verarbeiten. Putzen oder Aufräumen gibt mir das Gefühl, wieder Kontrolle zu haben – nicht nur über meine Umgebung, sondern auch über meine Gefühle.


  3. Tanzen und Musik hören: Musik ist ein kraftvoller Helfer. Wenn ich tanze oder einfach nur meine Lieblingslieder höre, kann ich meine Anspannung abbauen und fühle mich danach oft befreit.


  4. Zimmerzeit: In unserer Familie haben wir die „Zimmerzeit“ eingeführt. Jeder geht in sein Zimmer und tut, was er braucht – ob Musik hören, lesen, schlafen oder einfach nur still sein. Diese kleine Auszeit hilft uns allen, zur Ruhe zu kommen.


  5. Spazieren gehen und Laufen: Frische Luft und Bewegung helfen mir, meine Gedanken zu sortieren und die aufgestaute Energie loszuwerden. Ein Spaziergang oder eine kurze Laufeinheit wirkt oft Wunder.


  6. Kraftsport: Manchmal brauche ich eine körperliche Herausforderung, um meine Wut abzubauen. Kraftsport ist für mich eine hervorragende Möglichkeit, überschüssige Energie in etwas Positives umzuwandeln und mich danach wieder ausgeglichen zu fühlen.


  7. Duschen: Eine warme Dusche hilft mir oft, mich zu erden und den Stress wegzuspülen. Es ist ein einfacher Weg, um mich neu zu fokussieren und Ruhe zu finden.


  8. Ätherische Öle: Düfte haben eine starke Wirkung auf unser Wohlbefinden. Lavendel ist mein persönlicher Favorit, wenn ich mich beruhigen möchte. Auch Balance (Holz) wirkt auf mich sehr ausgleichend. Ich nutze sie oft, um in stressigen Momenten wieder zur Ruhe zu kommen.


  9. Mit meinem Zyklus leben: Ich habe gelernt, meinen Zyklus besser zu verstehen und zu berücksichtigen. In bestimmten Phasen meines Zyklus bin ich gereizter und brauche daher mehr Achtsamkeit und Rückzug. Indem ich mich bewusst auf diese Phasen vorbereite und mehr Ruhe für mich sorge, kann ich meine Emotionen besser regulieren und achtsamer mit meinen Kindern umgehen.



Selbstfürsorge vor der Begleitung


Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, meine eigenen Bedürfnisse zu stillen, bevor ich die hohe Energie meiner Kinder begleiten kann. Wenn möglich, trinke ich erst etwas, esse einen kleinen Snack oder nehme mir einen Moment, um mich zu sammeln. Diese kleine Selbstfürsorge gibt mir die Kraft, mein Kind in seiner Wut zu begleiten, ohne selbst zu explodieren.


Meine eigene Erfahrung dazu ist, dass die Wutanfälle meiner Kinder kürzer werden, je mehr ich mich auf ihre Bedürfnisse einstelle. Wir erkennen oft schon vorher, wenn sich Wut anbahnt, und können rechtzeitig reagieren, sodass es gar nicht erst zum Ausbruch kommt. Besonders in Übergangsphasen, wie morgens vor dem Kindergarten oder nachmittags beim Abholen, bereite ich mich mental vor – fast wie auf ein Sportevent.

Ich esse und trinke vorher, atme tief durch und sage mir: „Ich schaffe das! Mein Kind hat einen langen Tag hinter sich und ist erschöpft. Es zeigt mir gleich ganz offen und ehrlich, wie es ihm geht, und ich bin da!“

Früher war ich oft verunsichert, weil es so viele verschiedene Meinungen zum Thema „Hauen“ und aggressive Verhaltensweisen gab. Doch je klarer meine Haltung wurde und je älter meine Kinder wurden, desto mehr nahmen diese Situationen ab.

Jeder Wutanfall wird für mich leichter, weil ich sicherer werde im Umgang damit.



Wutanfälle als Chance sehen


Jeder Wutanfall ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance.

Mit jedem begleiteten Wutanfall lernen mein Kind und ich dazu. Wir werden besser darin, die Wut zu verstehen und damit umzugehen. Es ist ein Weg, den wir gemeinsam gehen, und mit der Zeit werden wir als Team immer stärker.

Es ist nicht leicht, aber es lohnt sich. Wut ist eine natürliche Emotion, und sie gehört zum Leben dazu. Indem wir lernen, unsere Wut und die unserer Kinder zu akzeptieren und zu begleiten, schaffen wir eine gesunde Basis für den Umgang mit starken Gefühlen – für uns selbst und für unsere Kinder.



Realistische Erwartungen und Rückschläge


Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass es immer wieder Rückschläge geben wird. Nicht jeder Tag läuft perfekt, und manchmal ist es einfach nur anstrengend. Das ist in Ordnung. Es ist ein Prozess, und es dauert, bis man sich sicher fühlt.

Manchmal hilft es, sich selbst eine Pause zu gönnen und sich nicht zu viel abzuverlangen.

Wenn du dich überfordert fühlst, ist es völlig okay, dir Unterstützung zu holen – ob durch Freunde, Familie oder professionelle Hilfe.

Ich habe mir selbst auch Hilfe von außen geholt, um diesen Prozess besser zu meistern. Es ist keine Schwäche, sondern ein Zeichen von Stärke, sich Unterstützung zu holen, wenn man sie braucht.



Was Kindern helfen kann, ihre Wut zu kanalisieren

Kinder die Kopfstand machen
Jedes Kind ist unterschiedlich


Kinder lernen Regulation Schritt für Schritt, und als Eltern können wir ihnen dabei helfen, gesunde Wege zu finden, mit ihrer Wut umzugehen. Dabei ist es wichtig, altersgerechte Methoden zu wählen und sich bewusst zu machen, dass die Begleitung dieser hohen Energie durch uns als Vorbilder essenziell ist.


  1. Weiche Knetbälle: Ideal für Kinder, die dazu neigen, zu kneifen oder zu werfen. Kneten kann beruhigend wirken und hilft, Spannungen abzubauen.


  2. Sitzsack: Wenn die Wut körperlich raus muss, kann ein Sitzsack zum Hineinwerfen oder Hineinschlagen eine gute Möglichkeit sein, ohne dass etwas zerstört wird.


  3. Noppenfolie: Das Zerdrücken der Noppenfolie bietet sensorischen Input und hilft, Stress und Spannungen abzubauen.


  4. Altpapier zerreißen und zusammenknüllen: Wenn Kinder dazu neigen, Dinge zu zerstören, kann es helfen, ihnen eine gezielte Möglichkeit zum Zerstören zu geben. Altpapier zu zerreißen, zusammenzuknüllen und gegen die Wand zu werfen, bietet einen kontrollierten Auslass für diese Impulse.


  5. Malen und Schreiben: Kreative Ausdrucksformen sind besonders hilfreich, um die Wut visuell oder schriftlich darzustellen und dadurch zu verarbeiten.


  6. Essen und Trinken: Manchmal hilft eine kleine Pause mit einem Snack oder einem Getränk, um die Emotionen zu beruhigen. Es bietet dem Kind eine kurze Auszeit und die Möglichkeit, sich zu sammeln.


  7. Lavendelöl: Der beruhigende Duft von Lavendel oder anderen ätherischen Ölen kann Kindern dabei helfen, sich zu entspannen und zur Ruhe zu kommen.


  8. Wutkiste: Eine Kiste mit verschiedenen Hilfsmitteln, wie Knetbällen, Noppenfolie, Papier zum Zerreißen oder Malutensilien, die je nach Bedarf genutzt werden können. Kinder können lernen, diese Werkzeuge selbstständig zu verwenden, um ihre Wut zu kanalisieren.


  9. Toben: Manchmal brauchen Kinder einfach Bewegung, um ihre Wut abzubauen. Toben, Rennen oder wildes Spielen kann helfen, überschüssige Energie loszuwerden und danach wieder ruhiger zu werden.


  10. Tanzen: Ähnlich wie beim Toben kann Tanzen eine wunderbare Möglichkeit sein, angestaute Gefühle durch Bewegung abzubauen. Musik und Tanz bieten eine kreative und positive Art der emotionalen Entladung.


  11. Atmen: "Wutzwerge" wegpusten: Atemübungen können Kindern helfen, sich zu beruhigen. Eine spielerische Achtsamkeitsübung ist, gemeinsam „Wutzwerge“ wegzupusten. Das Kind kann sich vorstellen, dass es kleine Wut-Zwerge oder Ärger-Geister wegpustet. Auch das Aufblasen von Ballons oder das Wegpusten von Federn, kleinen Blättern, Papierstücken oder sogar die Fantasie, dass sie Häuser und Autos in der Ferne wegpusten, kann helfen, die Atmung zu vertiefen und Spannungen abzubauen.


Seid gemeinsam kreativ, es gibt nicht die eine Technik. Schau was euch hilft, was ihr in der Situation zur Verfügung habt und wie groß die Energie ist.


Altersgerechte Anpassung der Methoden:

Es ist wichtig, die Techniken an das Alter und die individuellen Bedürfnisse des Kindes anzupassen. Jüngere Kinder profitieren oft mehr von sensorischen Erfahrungen, während ältere Kinder durch Gespräche oder kreative Tätigkeiten besser regulieren können.


Emotionale Reflexion nach der Wut:

Nachdem sich die Situation beruhigt hat, kann es hilfreich sein, im ruhigen Zustand mit dem Kind über das Erlebte zu sprechen. Gemeinsam könnt ihr überlegen, was gut geholfen hat und wie ähnliche Situationen in Zukunft bewältigt werden können.


Selbstfürsorge für Eltern in der Begleitung:

Vergiss nicht, dass auch deine Selbstfürsorge wichtig ist. Eltern dürfen Pausen machen, wenn sie merken, dass es ihnen zu viel wird. Deine eigene Ruhe und Stabilität sind entscheidend, um dein Kind gut begleiten zu können.


Verbindung zu anderen Gefühlen:

Oft steckt hinter der Wut auch ein anderes Gefühl, wie Angst, Traurigkeit oder Überforderung. Es kann hilfreich sein, als Eltern diese Emotionen zu erkennen und gezielt darauf einzugehen. Dadurch kann die Wut besser verstanden und reguliert werden.



Bücher, die uns geholfen haben


Zum Abschluss möchte ich noch einige Bücher empfehlen, die uns als Familie sehr geholfen haben:


  • „Jona ist wütend“ von Kati Bohnet: Eine Geschichte, die Kindern und Eltern hilft die Wut zu erleben und zu kanalisieren.

  • „Was brauchst du?“ von Hanna Grubhofer, Sigrun Eder und Barbara Weingartshofer: Dieses Buch hilft Familien, ihre Bedürfnisse zu erkennen und zu benennen.

  • „Was steckt hinter meiner Wut?“ von Mira & das fliegende Haus: Ein tolles Buch, das Kinder spielerisch an das Thema Wut heranführt.

  • „Das rote Dings“ von K.I.A.-Ghani: Eine lehrreiche Geschichte über den Umgang mit Wut, dessen Tipps meinem Kind sehr geholfen haben.



Fazit: Es lohnt sich!


Dieser Prozess der Selbstreflexion und der Arbeit mit der eigenen Wut ist anstrengend, keine Frage. Aber er ist auch unglaublich bereichernd.

Mit jedem Schritt, den ich mache, merke ich, wie ich ruhiger werde und besser in der Lage bin, mein Kind zu unterstützen. Es ist ein Weg, der sich lohnt – für mich, für mein Kind und für uns als Familie.


Also, wenn du dich manchmal überfordert fühlst, erinnere dich daran:

Du musst nicht perfekt sein. Du musst nicht immer die richtige Antwort haben.

Es ist in Ordnung, Fehler zu machen und daraus zu lernen.

Denn am Ende zählt nur, dass du für dein Kind da bist – so gut du kannst.


Bleib geduldig mit dir selbst, und vergiss nicht, dass jeder kleine Fortschritt ein großer Schritt in die richtige Richtung ist.

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